Gedichte

Freitag, 7. Juli 2006

Die Lästerzungen

Francois Villon

In Kalk, noch ungelöscht, in Eisenbrei,
in Salz, Salpeter, Phosphorgluten,
in dem Urin von rossigen Eselsstuten,
in Schlangengift und in Altweiberspei,
in Hundeschiß und Wasser aus den Badewannen,
in Wolfsmilch, Ochsengalle und Latrinenflut:
In diesem Saft soll man die Lästerzungen schmoren.

In eines Katers Hirn, der nicht mehr fischt,
im Geifer, der aus den Gebissen
der tollen Hunde träuft, mit Affenpiß vermischt,
in Stacheln, einem Igel ausgerissen,
im Regenfaß, drin schon die Würmer schwimmen,
krepierte Ratten und der grüne Schleim
von Pilzen, die des Nachts wie Feuer glimmen,
in Pferderotz und auch in heißem Leim:
In diesem Saft soll man die Lästerzungen schmoren.

In dem Gefäß, drin alles reingerät,
was so ein Medikus herausholt aus dem schwieren
Gedärm an Eiter und verpestetem Sekret,
in Salben, die sie in den Schlitz sich schmieren,
die Hurenmenscher, um sich kalt zu halten,
in all dem Schmodder, der zurückbleibt
in den Spitzen und den Spalten
(wer hätte nicht durch solchen Schiet hindurchgemußt!):
In diesem Saft soll man die Lästerzungen schmoren.

Meine Herren, packt all die saubren Sachen
(gehen sie in den verfaulten Kürbis nicht hinein)
in eure Hosen, um den Bottich voll zu machen,
gebt auch den Arschgeruch von einem Schwein hinein,
und hat's vier Wochen lang gegoren:
In diesem Saft solln eure Lästerzungen schmoren.(2X)



P.S Mehr Villon unter "Gedichte"

Verehrt und angespien

François Villon
Vor vollen Schüsseln muß ich Hungers sterben,
am heißen Ofen frier ich mich zu Tod,
wohin ich greife, fallen nichts als Scherben,
bis zu den Zähnen reicht mir schon der Kot.
Und wenn ich lache, dann habe ich geweint,
und wenn ich weine, bin ich froh,
daß mir zuweilen auch die Sonne scheint,
als könnte ich im Leben ebenso
zerknirscht wie in der Kirche niederknien...
ich, überall verehrt und angespien.

Nichts scheint mir sichrer als das nie Gewisse,
nichts sonnenklarer als die schwarze Nacht.
Nur das ist mein, was ich betrübt vermisse,
und was ich liebte, das hab ich umgebracht.
Selbst wo ich dachte, daß ich gestern war,
bin ich erst heute abend zugereist.
Da, von meinem Schädel ist das letzte Haar
zu einem blanken Mond vereist.
Ich habe nicht ein Hemd, es anzuziehn...
ich, überall verehrt und angespien.

Ich habe dennoch soviel Mut zu hoffen,
daß mir sehr bald die ganze Welt gehört,
und stehn mir wirklich alle Türen offen,
schlag ich sie wieder zu, weil es mich stört,
daß ich aus goldnen Schüsseln fressen soll...
Die Würmer sind schon toll nach meinem Bauch,
ich bin mit Unglück bis zum Halse voll.
Ich bleibe unter dem Holunderstrauch,
auf den noch nie ein Stern herniederschien,
François Villon, verehrt und angespien.

Donnerstag, 2. Dezember 2004

Vergänglichkeit der Schönheit

Christian Hoffmann von Hoffmannswaldau

Es wird der bleiche Tod mit seiner kalten Hand
Dir endlich mit der Zeit um deine Brüste streichen /
Der liebliche Corall der Lippen wird verbleichen;
Der Schultern warmer Schnee wird werden kalter Sand /

Der Augen süsser Blitz / die Kräfte deiner Hand /
Für welchen solches fällt / die werden zeitlich weichen /
Das Haar / das itzund kann des goldes Glanz erreichen /
Tilget endlich Tag und Jahr als ein gemeines Band.

Der wohlgesetzte Fuß / die lieblichen Gebärden /
Die werden theils zu Staub / theils nichts und nichtig werden /
Dann opfert keiner mehr der Gottheit deiner Pracht.

Dies und noch mehr als dies muss endlich untergehen /
Dein Herze kann allein zu aller Zeit bestehen /
Dieweil es die Natur aus Diamant gemacht.

Quelle: http://www.literaturwelt.com/werke/hofmannswaldau/schoen1.html

Dienstag, 30. November 2004

Die Made

Heinz Erhardt

Hinter eines Baumes Rinde
wohnt die Made mit dem Kinde.
Sie ist Witwe, denn der Gatte,
den sie hatte, fiel vom Blatte.
Diente so auf diese Weise
einer Ameise als Speise.

Eines Morgens sprach die Made:
»Liebes Kind, ich sehe grade,
drüben gibt es frischen Kohl,
den ich hol'. So leb denn wohl.
Halt! Noch eins, denk, was geschah,
geh nicht aus, denk an Papa!«

Also sprach sie und entwich. —
Made junior jedoch schlich
hinterdrein, und das war schlecht,
denn schon kam ein bunter Specht
und verschlang die kleine fade
Made ohne Gnade. — Schade.

Hinter eines Baumes Rinde
ruft die Made nach dem Kinde.

Quelle:http://www.sabon.org/erhardt/

Welkes Blatt

Hermann Hesse

jede Blüte will zur Frucht,
Jeder Morgen Abend werden,
Ewiges ist nicht auf Erden
Als der Wandel, als die Flucht.

Auch der schönste Sommer will
Einmal Herbst und Welke spüren.
Halte, Blatt, geduldig still,
Wenn der Wind dich will entführen.

Spiel dein Spiel und wehr dich nicht,
Laß es still geschehen.
Laß vom Winde, der dich bricht,
Dich nach Hause wehen.

Quelle:
http://www.gss.ucsb.edu/projects/hesse/welkes-blatt.html

Donnerstag, 25. November 2004

Sachliche Romanze

">http://mitglied.lycos.de/spangenberg/gedichte/kaest01.html">
Erich Kästner

Als sie einander acht Jahre kannten
und man darf sagen, sie kannten sich gut
kam ihr Liebe plötzlich abhanden
wie anderen leuten ein Stock oder Hut

Sie waren traurig betrugen sich heiter
versuchten Küsse als ob nichts sei
sahen sich an und wußten nicht weiter
da weinte sie schließlich und er stand dabei

Vom Fenster aus konnte man Schiffen winken
er sagte es wäre schon viertel nach vier
und Zeit irgendwo Kaffee zu trinken
nebenan übte ein Mensch Klavier

Sie gingen ins kleinste Cafe am Ort
und rührten in ihren Tassen
am Abend saßen sie immer noch dort
saßen allein und sprachen kein Wort
und konnten es einfach nicht fassen

Sonntag, 21. November 2004

Das Abendlied

Matthias Claudius

Der Mond ist aufgegangen,
Die goldnen Sternlein prangen
Am Himmel hell und klar;
Der Wald steht schwarz und schweiget,
Und aus den Wiesen steiget
Der weiße Nebel wunderbar.

Wie ist die Welt so stille,
Und in der Dämmrung Hülle
So traulich und so hold!
Als eine stille Kammer,
Wo ihr des Tages Jammer
Verschlafen und vergessen sollt.

Seht ihr den Mond dort stehen?
Er ist nur halb zu sehen,
Und ist doch rund und schön!
So sind wohl manche Sachen,
Die wir getrost belachen,
Weil unsre Augen sie nicht sehn.

Wir stolze Menschenkinder
Sind eitel arme Sünder
Und wissen gar nicht viel;
Wir spinnen Luftgespinste
Und suchen viele Künste
Und kommen weiter von dem Ziel.

Gott, laß uns dein Heil schauen,
Auf nichts Vergänglichs trauen,
Nicht Eitelkeit uns freun!
Laß uns einfältig werden
Und vor dir hier auf Erden
Wie Kinder fromm und fröhlich sein!

Wollst endlich sonder Grämen
Aus dieser Welt uns nehmen
Durch einen sanften Tod!
Und, wenn du uns genommen,
Laß uns in Himmel kommen,
Du unser Herr und unser Gott!

So legt euch denn, ihr Brüder,
In Gottes Namen nieder;
Kalt ist der Abendhauch.
Verschon uns, Gott! mit Strafen,
Und laß uns ruhig schlafen!
Und unsern kranken Nachbar auch!

Erich Fried

Aus dem Leben
bin ich
in die Gedichte gegangen

Aus den Gedichten
bin ich
ins Leben gegangen

Welcher Weg
wird am Ende
besser gewesen sein?

der Panther

Rainer Maria Rilke

Sein Blick ist vom Vorübergehn der Stäbe
so müd geworden, dass er nichts mehr hält.
Ihm ist, als ob es tausend Stäbe gäbe
und hinter tausend Stäben keine Welt.

Der weiche Gang geschmeidig starker Schritte,
der sich im allerkleinsten Kreise dreht,
ist wie ein Tanz, von Kraft um eine Mitte,
in der betäubt ein grosser Wille steht.

Nur manchmal schiebt der Vorhang der Pupille
sich lautlos auf -. Dann geht ein Bild hinein,
geht durch der Glieder angespannte Stille -
und hört im Herzen auf zu sein.

Heterotopie

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Digitale - Januar 20, 13:06
Punkt,Kreis oder Strich...
Einen Punkt machen kann jeder! Versucht mal viele...
Digitale - Januar 15, 19:27
bild von marlene
mir fällt grad ein, dass herr blohm in einem seiner...
Digitale - Januar 15, 18:54
vielen Dank
@walkingman
Digitale - Juli 16, 18:41
Prima
Prima! Echt nette Homepage. Also weiter so und viel...
walkingman - Juli 16, 14:53

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