Die Made
Heinz Erhardt
Hinter eines Baumes Rinde
wohnt die Made mit dem Kinde.
Sie ist Witwe, denn der Gatte,
den sie hatte, fiel vom Blatte.
Diente so auf diese Weise
einer Ameise als Speise.
Eines Morgens sprach die Made:
»Liebes Kind, ich sehe grade,
drüben gibt es frischen Kohl,
den ich hol'. So leb denn wohl.
Halt! Noch eins, denk, was geschah,
geh nicht aus, denk an Papa!«
Also sprach sie und entwich. —
Made junior jedoch schlich
hinterdrein, und das war schlecht,
denn schon kam ein bunter Specht
und verschlang die kleine fade
Made ohne Gnade. — Schade.
Hinter eines Baumes Rinde
ruft die Made nach dem Kinde.
Quelle:http://www.sabon.org/erhardt/
Hinter eines Baumes Rinde
wohnt die Made mit dem Kinde.
Sie ist Witwe, denn der Gatte,
den sie hatte, fiel vom Blatte.
Diente so auf diese Weise
einer Ameise als Speise.
Eines Morgens sprach die Made:
»Liebes Kind, ich sehe grade,
drüben gibt es frischen Kohl,
den ich hol'. So leb denn wohl.
Halt! Noch eins, denk, was geschah,
geh nicht aus, denk an Papa!«
Also sprach sie und entwich. —
Made junior jedoch schlich
hinterdrein, und das war schlecht,
denn schon kam ein bunter Specht
und verschlang die kleine fade
Made ohne Gnade. — Schade.
Hinter eines Baumes Rinde
ruft die Made nach dem Kinde.
Quelle:http://www.sabon.org/erhardt/
Digitale - November 30, 17:26
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Digitale - November 30, 17:28
Warum die Zitronen sauer wurden
Heinz Erhardt
Ich muß das wirklich mal betonen:
Ganz früher waren die Zitronen
(ich weiß nur nicht genau mehr, wann dies
gewesen ist) so süß wie Kandis.
Bis sie einst sprachen: »Wir Zitronen,
wir wollen groß sein wie Melonen!
Auch finden wir das Gelb abscheulich,
wir wollen rot sein oder bläulich!«
Gott hörte oben die Beschwerden
und sagte: »Daraus kann nichts werden!
Ihr müßt so bleiben! Ich bedauer!«
Da wurden die Zitronen sauer...
Quelle:http://www.sabon.org/erhardt/
Ich muß das wirklich mal betonen:
Ganz früher waren die Zitronen
(ich weiß nur nicht genau mehr, wann dies
gewesen ist) so süß wie Kandis.
Bis sie einst sprachen: »Wir Zitronen,
wir wollen groß sein wie Melonen!
Auch finden wir das Gelb abscheulich,
wir wollen rot sein oder bläulich!«
Gott hörte oben die Beschwerden
und sagte: »Daraus kann nichts werden!
Ihr müßt so bleiben! Ich bedauer!«
Da wurden die Zitronen sauer...
Quelle:http://www.sabon.org/erhardt/
Digitale - November 30, 17:29
Beichte
Heinz Erhardt
»Warum machst du in Gedichten?«
fragte mich ein Menschenkind.
»Warum schreibst du nicht Geschichten,
die doch leicht verkäuflich sind?«
Oh, ich habe meine Gründe
für mein Tun — und sprach verträumt:
»Weil ich es viel schöner finde,
wenn sich hinten alles reimt.«
Quelle:http://www.sabon.org/erhardt/
»Warum machst du in Gedichten?«
fragte mich ein Menschenkind.
»Warum schreibst du nicht Geschichten,
die doch leicht verkäuflich sind?«
Oh, ich habe meine Gründe
für mein Tun — und sprach verträumt:
»Weil ich es viel schöner finde,
wenn sich hinten alles reimt.«
Quelle:http://www.sabon.org/erhardt/
Digitale - November 30, 17:32
Die Maus
Heinz Erhardt
Es wollte eine kleine Maus
— im Keller wohnhaft — hoch hinaus;
und eines nachts, auf leisen Hufen,
erklomm sie achtundneunzig Stufen
und landete mit Weh und Ach
ganz oben, dicht unter dem Dach.
Dort wartete bereits auf sie
die Katze, namens Doremi. —
Kaum, daß das Mäuslein nicht mehr lebte,
geschah's, daß eine Fledermaus
ein paarmal um die Katze schwebte,
zur Luke flog und dann hinaus.
Da faltete die Katz', die dreiste,
die Pfoten und sprach: »Ei, wie süß!
Da fliegt die Maus, die ich verspeiste,
als Engelein heut ins Paradies!«
Quelle:http://www.sabon.org/erhardt/
Es wollte eine kleine Maus
— im Keller wohnhaft — hoch hinaus;
und eines nachts, auf leisen Hufen,
erklomm sie achtundneunzig Stufen
und landete mit Weh und Ach
ganz oben, dicht unter dem Dach.
Dort wartete bereits auf sie
die Katze, namens Doremi. —
Kaum, daß das Mäuslein nicht mehr lebte,
geschah's, daß eine Fledermaus
ein paarmal um die Katze schwebte,
zur Luke flog und dann hinaus.
Da faltete die Katz', die dreiste,
die Pfoten und sprach: »Ei, wie süß!
Da fliegt die Maus, die ich verspeiste,
als Engelein heut ins Paradies!«
Quelle:http://www.sabon.org/erhardt/
Digitale - November 30, 17:41
Sprüchlein
Heinz Erhardt
Das Reh
Das Reh springt hoch, das Reh springt weit.
Warum auch nicht — es hat ja Zeit!
Der Specht
Auf einem Baume saß ein Specht.
Der Baum war hoch. Dem Specht war schlecht.
Die Gans
Die Gans erwacht im grauen Forst
erstaunt in einem Adlerhorst.
Sie blickt sich um und denkt betroffen
»Mein lieber Schwan, war ich besoffen!«
Die Zelle
Das Leben entspringt auf alle Fälle
aus einer Zelle.
Doch manchmal endet's auch bei Strolchen
in einer solchen.
In nur vier Zeilen
In nur vier Zeilen was zu sagen
Erscheint zwar leicht, doch ist es schwer!
Man braucht ja nur mal nachzuschlagen;
Die meisten Dichter brauchen mehr...
Vierzeiler1
Ich finde solche, die von ihrem Geld erzählen
und solche, die mit ihrem Geiste protzen
und solche, die erst beten und dann stehlen,
ich finde solche, Sie verzeihn, zum Kotzen
Vierzeiler2
Es dürfte keine Steuern geben,
kein Zahnweh, keine Schützengräben,
dann wär auf dieser Welt das Leben
vielleicht noch schöner als wie eben!
Quelle: http://www.sabon.org/erhardt/
Das Reh
Das Reh springt hoch, das Reh springt weit.
Warum auch nicht — es hat ja Zeit!
Der Specht
Auf einem Baume saß ein Specht.
Der Baum war hoch. Dem Specht war schlecht.
Die Gans
Die Gans erwacht im grauen Forst
erstaunt in einem Adlerhorst.
Sie blickt sich um und denkt betroffen
»Mein lieber Schwan, war ich besoffen!«
Die Zelle
Das Leben entspringt auf alle Fälle
aus einer Zelle.
Doch manchmal endet's auch bei Strolchen
in einer solchen.
In nur vier Zeilen
In nur vier Zeilen was zu sagen
Erscheint zwar leicht, doch ist es schwer!
Man braucht ja nur mal nachzuschlagen;
Die meisten Dichter brauchen mehr...
Vierzeiler1
Ich finde solche, die von ihrem Geld erzählen
und solche, die mit ihrem Geiste protzen
und solche, die erst beten und dann stehlen,
ich finde solche, Sie verzeihn, zum Kotzen
Vierzeiler2
Es dürfte keine Steuern geben,
kein Zahnweh, keine Schützengräben,
dann wär auf dieser Welt das Leben
vielleicht noch schöner als wie eben!
Quelle: http://www.sabon.org/erhardt/
Digitale - November 30, 17:46
Rechtschreibung
Heinz Erhardt
Delfine schwimmen schnell und leis
(man schreibt sie mit »ph« ich weiß
doch schreibt man ja auch Tele»f«on,
und das bereits seit langem schon) —
sie schwimmen (wie gesagt mit »f«) —
sie schwimmen — vorn ihr alter Scheff
(wir schreiben schließlich auch »Schofför«) —
sie schwimmen also durch das Meer.
Was heißt durchs »Meer«? — Sogar durch »Meere«!
Und manche altgediente Mähre,
wie überhaupt so manches Ferd
(mit »V« wär es total verkehrt)
glaubt, es sei wie ein Delphien!
(Das zweite »e« ist schlecht für ihn.)
Orthogravieh — das sieht man hier —
ist nicht ganz leicht für Mensch und Tier!
Quelle:http://www.sabon.org/erhardt/
Delfine schwimmen schnell und leis
(man schreibt sie mit »ph« ich weiß
doch schreibt man ja auch Tele»f«on,
und das bereits seit langem schon) —
sie schwimmen (wie gesagt mit »f«) —
sie schwimmen — vorn ihr alter Scheff
(wir schreiben schließlich auch »Schofför«) —
sie schwimmen also durch das Meer.
Was heißt durchs »Meer«? — Sogar durch »Meere«!
Und manche altgediente Mähre,
wie überhaupt so manches Ferd
(mit »V« wär es total verkehrt)
glaubt, es sei wie ein Delphien!
(Das zweite »e« ist schlecht für ihn.)
Orthogravieh — das sieht man hier —
ist nicht ganz leicht für Mensch und Tier!
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